Freiheitsliebende Bauern und wehrhafte Dörfer

Die Gemeinde Hohentengen mit rund 4.350 Einwohnern und 3.656 ha Fläche, 564 bis 594 m ü. NN, liegt in der rißeiszeitlichen Endmoränelandschaft des nördlichen Oberschwabens.

Mit dem Begriff „Göge“ (vor dem 19. Jh. Gegne oder Gege) wird schon seit Jahrhunderten das Gebiet bezeichnet, welches heute (wieder) die Gesamtgemeinde Hohentengen bildet. Diese umfasst die ehemals selbständigen 9 Dörfer: Hohentengen, Beizkofen, Ölkofen, Eichen, Günzkofen, Völlkofen, Ursendorf, Enzkofen und Bremen, sowie die 4 Weiler: Repperweiler, Altensweiler, Birkhöfe und Hagelsburg.

Entsprechend der bürgerlichen Gemeinde, bildeten diese Orte auch von Anfang an den Sprengel der uralten Pfarrei Hohentengen.

Der früheste Nachweis über die Anwesenheit von Menschen im Gebiet der heutigen Göge ist das Skelettgrab von Beizkofen aus der Frühbronzezeit (1700 v. Chr.), sowie die nördlich davon gelegenen und inzwischen eingeebneten Grabhügel aus der Hallstattkultur (8. bis 5. Jahrhundert v. Chr.).

Durch seine exponierte Lage am südlichen Rand des Donaubeckens erlangte die Anhöhe „Kugelberg“, auf der heute weithin sichtbar die Kirche St. Michael steht, von wo man einen herrlichen Ausblick auf das Donau- und Ostrachtal sowie die Schwäbische Alb hat, schon früh an Bedeutung. Es kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund dieser besonderen Lage hier bereits sehr früh eine heidnische Kultstätte war. Die ersten alemannischen Siedlungen mit den Ortsnamensendungen -ingen entstanden jedoch zwischen 400 – 650 nach Christus entlang der Donau und der alten Römerstraße.

Die Gründung der heutigen Göge – Dörfer dürfte mehr als hundert Jahre später erfolgt sein.

Nach Unterwerfung der Alemannen siedelten die Franken in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts auf eingezogenem Staatsland an militärisch und politisch wichtigen Stellen sogenannte „Rodungssiedler“ an. Diese erhielten als Anreiz und Belohnung für ihre Dienste die Freiheit mit besonderen Privilegien und Sonderrechten, wie das freie Eigentum an ihren Gütern, Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, Gericht- und Waffenfähigkeit. Auf diese Weise wurde zwischen 750 und 820 auch im Gebiet der heutigen Göge solche freien Leute angesiedelt. Dabei legten diese ihre Siedlungen wie einen Kranz um den Kugelberg an. Wobei sie den Namen des jeweiligen Siedlungsgründers ein –choven (Günzkofen, Enzkofen, Völlkofen, Ölkofen) anhängten. Bald nach ihrer Ankunft dürften die ersten Siedler auf der Anhöhe des Kugelberges eine Genossenschaftskirche mit Pfarrhof sowie einen Königlichen Maierhof errichtet haben. Die ganze Anlage war befestigt, d. h. mit Wall, Graben und Palisadenzaun gesichert. Der Maierhof war zugleich Gerichtsort und Sitz eines vom König eingesetzten Verwalters. Als solche dürfen früher die Ritter von Beizkofen mit eigenem Wappen und Siegel angesehen werden. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts wurden diese durch den sogenannten „Landammann“ ersetzt, der auch den Vorsitz im Gericht führte.

Obwohl einige Orte der heutigen Göge schon seit dem 11. Jahrhundert urkundlich erwähnt werden, tritt das Gebiet als ganzes erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts unter dem Namen „Dienggau“ in Erscheinung. Und zwar als Graf Mangold von Nellenburg am 19. Mai 1282 die Grafschaft im Dienggau und Eritgau (Diengoewe und Ergoewe) an König Rudolf von Habsburg verkaufte.

Der Name Dienggau stammt von dem ehemaligen Gericht in Hohentengen, das früher „Ding“ (althochdeutsch „dinc“), später „ze Diengen“ genannt wurde.

Mit dem Verkauf der Grafschaft Friedberg an die Truchsessen von Waldburg im Jahre 1452 kam der Dienggau unter truchsessische Verwaltung, die ihren Sitz in Scheer nahm. Schon bald versuchten die Waldburger die freien Bauern im Dienggau in einen abhängigen Untertanenverband (Leibeigenschaft) zu zwingen, was in kurzer Zeit zu heftigem Widerstand führte. Daher stellte auch die Göge während des Bauernkrieges im Jahr 1525 ein Kontingent Männer zum Baltringer Haufen, welcher aber durch Truchseß Georg von Waldburg, dem sogenannten „Bauernjörg“, eine blutige Niederlage erlitt. Dennoch setzte sich der Streit um Leibeigenschaft und überhöhte Abgaben fort. Dies führte schließlich im Jahre 1591 in der „Hohentenger Rebellion“ zum offenen Aufstand gegen Truchseß Christof von Waldburg.

Nachdem die Leute der Göge beim Kaiser Hilfe gesucht hatten, konnte der Streit erst im Jahre 1610 durch eine Kaiserliche Kommission im Ulmer Vergleich beigelegt werden.

Im 30- jährigen Krieg war die Raumschaft hart betroffen. In den Jahren 1635/36 standen ganze Ortschaften leer, da die Einwohner entweder gestorben oder ausgewandert waren. Aber knapp 25 Jahre nach Ende des Krieges entstand in der Göge eine neue Aufruhr gegen die Truchsessen von Waldburg. Dieser Streit dauerte nahezu 77 Jahre lang, von 1672 bis 1749, wobei die Leute abermals bei der Kaiserlichen Regierung Hilfe und Beistand suchten.

Um seine Macht gegenüber dem Haus Waldburg zu demonstrieren, verlieh Kaiser Leopold I im Jahre 1682 Ammann und Gericht im Amt Hohentengen ein eigenes Wappen mit Brief und Siegel.

Durch Kaufvertrag vom 22. Oktober 1785 und kaiserlicher Bestätigung im Jahre 1786 kam auch das Amt Hohentengen mit der Grafschaft Friedberg an das Haus Thurn und Taxis.
Im Französisch-Österreichischen Krieg wurde auch die Göge im Jahre 1799 zum Kriegsschauplatz. Beim sogenannten „Treffen von Hohentengen“ fanden 16 Österreicher und 35 Franzosen den Tod. Gedenktafeln am nördlichen Friedhofseingang erinnern heute noch an dieses Ereignis.

Als 1806 die Grafschaft Friedberg-Scheer unter württembergische Hoheit kam, erhielten die einzelnen Dörfer der Göge erstmals ihre Selbständigkeit. Dennoch blieben sie in einem sogenannten „Amtsverband“ miteinander verbunden. Hier wurden gemeinsame Probleme beraten und gelöst. Eine seiner Hauptaufgaben war die Verwaltung des gemeinsamen Friedhofs sowie das Gesundheitswesen (Arzt, Hebamme, Apotheke). Im Jahre 1935 erstellte der Amtsverband auch die erste Festhalle und 1971 bis 1973 die neue Aussegnungshalle auf dem Friedhof.

In den beiden Weltkriegen 1914-1918 und 1939-1945 hatte die Göge 295 Kriegstote zu beklagen. Nach der Währungsreform 1948 schufen die einzelnen Gemeinden vielfach neue öffentliche Einrichtungen, bauten die Wasserversorgungen aus und verlegten Abwasser-Entsorgungsleitungen, richteten Back-, Wasch- und Gefrierhäuser ein, erweiterten und modernisierten ihre Schul- und Rathausräume etc., wobei manche Aufgaben auch miteinander innerhalb des Amtsverbandes oder zumindest in gegenseitiger Abstimmung erfolgten. Der zentrale, gemeinsam unterhaltene Friedhof, sowie die einheitliche Kirchengemeinde in Hohentengen waren neben dem Amtsverband die entscheidenden Klammern der einzelnen, politisch selbständigen Gemeinden der „Göge“, die sich 1806 aus dem damaligen „Amt Hohentengen“ gebildet hatten.

Durch die Kreisreform kamen die Gemeinden der Göge 1973 vom aufgelösten Landkreis Saulgau zum Landkreis Sigmaringen.

Mit der Gemeindereform 1970 - 1974 wurden die Dörfer der Göge wieder zu einer Gesamtgemeinde Hohentengen vereinigt, deren Hauptaufgabe es zunächst war, die notwendigen zentralen Einrichtungen zu schaffen wie Schule, Sammelkläranlage, Kindergarten und Mehrzweckhalle. Damit schloss sich der Kreis vom ehemaligen gemeinsamen „Amt Hohentengen“ über eine 150-jährige Selbständigkeit der 9 Gemeinden zur Gesamtgemeinde Hohentengen, die sich auch mit den Grenzen der Pfarrei deckt. Durch diese engen, geschichtlichen Bande begünstigt wurde die Gemeindereform relativ gut „verarbeitet“ und umgesetzt, da weder über den Sitz der Verwaltung noch über den gemeinsamen Namen „Hohentengen“ für die Gesamtgemeinde oder die Zuordnung der einzelnen Dörfer gestritten werden musste. Ein Großteil der Dörfer machte deshalb auch einen zum Teil frühzeitigen Zusammenschluss. Als Sonderheit und durchaus auch Grundlage für die positive Weiterentwicklung der Gesamtgemeinde „Hohentengen“ kann auch die seltene Konstellation, dass in der Göge beim formellen Vollzug der Gemeindereform keine Ortschaftsräte gebildet und somit sehr stark die Gemeinsamkeit gefordert, gefördert und praktiziert wurde, angeführt werden. Aus dieser Gemeinsamkeit heraus entstand eine Kommune, die durch entsprechende Wohnungsbaupolitik, die Ansiedlung von Gewerbeunternehmen und der Einrichtung entsprechender Infrastruktureinrichtungen eine prosperierende, zugleich auch solide Entwicklung nahm.

Kirchlicher Mittelpunkt für die überwiegend katholische Einwohnerschaft in der Göge ist seit frühester Zeit die St. Michaels - Kirche in Hohentengen. Das heutige Gotteshaus wurde in den Jahren 1848 - 1852 an Stelle einer Vorgängerkirche aus dem Jahre 1489 in neugotischem Stil erbaut. Der 1921/22 durchgeführten Renovation und Umgestaltung des Innenraumes folgte im Jahre 1971 eine weitere zur heutigen Form. Die über 500 Jahre alte Marienkapelle an der Steige war früher ein viel besuchter Wallfahrtsort. Diese, wie auch die Kapellen in den einzelnen Teilorten, wurden in den letzten Jahrzehnten unter großem finanziellen Aufwand der Gemeinde und umfangreichen Eigenleistungen der jeweiligen Einwohnerschaft renoviert.
Mehrmals war der Pfarrer von Hohentengen auch zum Dekan gewählt. So auch im Jahre 1275, als das „Dekanat Diengen“ zu einem der größten im Bistum Konstanz zählte. Später erhielt dieses dann die Bezeichnung „Dekanat Mengen“. Heute gehört die Seelsorgeeinheit Göge/Donau/Schwarzachtal (u.a.) mit der Pfarrei St. Michael zum Dekanat Bad Saulgau und dem leitenden Pfarrer Jürgen Brummwinkel wurde 2012 das Amt des Dekans übertragen.

Im Bereich der Alten- und Krankenversorgung wurde bereits 1933 durch die Katholische Kirchengemeinde das Schwesternhaus mit Altenheim erbaut und bis 1995 selbständig betrieben. In den 70-er Jahren wurde ebenfalls durch die Kirchengemeinde die Sozialstation aufgebaut, die sich in der ambulanten Pflege von Kranken bestens bewährt hat. Seit 1995 sind diese beiden Einrichtungen in die Hände der Stiftung Liebenau übergegangen, die als sachkompetente Trägerin sowohl stationäre als auch ambulante Leistungen anbietet. Zwei weitere Höhepunkte bildeten die Errichtung der Wohnanlage für Jung und Alt 1998, sowie das Pflegeheim im Jahre 2000.

Auch im schulischen Bereich bildeten die Dörfer und Weiler des Amtes Hohentengen seit Bestehen der gegen Ende des 16. Jahrhunderts erstmals nachweisbaren Schule eine Einheit. Für diese Schule konnte im Jahre 1752 das erste amtseigene Schulhaus erworben werden. Während den ersten fünf Jahrzehnten nach dem Übergang an Württemberg im Jahre 1806 lösten sich die meisten Gemeinden vom bisherigen Schulverband und gründeten eigene Dorfschulen. Bei Durchführung der Schulreform in den Jahren 1966 bis 1972 wurden diese Dorfschulen nach und nach wieder aufgelöst und der in dieser Zeit voll ausgebauten Grund- und Hauptschule Hohentengen eingegliedert.
Mit der Einführung des freiwilligen 10. Schuljahres konnte ab dem Jahre 1994 in Kooperation mit der Hauptschule Herbertingen das Bildungsangebot durch die Einrichtung der Werkrealschule erweitert werden. Die Schule hieß ab diesem Zeitpunkt "Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule Hohentengen". Im Laufe der Jahre kam der Wunsch auf, der Schule einen eigenständigen Namen zu verleihen, was im Jahre 2006 mit dem Namen "Göge-Schule" umgesetzt wurde.
Nachdem zum Schuljahr 2010/2011 vom Kultusministerium die "Werkrealschule neuer Prägung" eingeführt wurde und die Hauptschule der Göge-Schule voraussichtlich auch zukünftig mit sinkenden Schülerzahlen zu kämpfen gehabt hätte, beschloss der Gemeinderat Hohentengen die Hauptschule zum Schuljahresende 2009/2010 zu schließen, gleichzeitig aber auch die verbleibende Grundschule zu stärken. Mit der Stadt Mengen wurde eine Vereinbarung getroffen, dass die Hauptschüler der Göge künftig in der Sonnenlugerschule in Mengen unterrichtet werden.

In den Jahren 1976/77 errichtete die Gemeinde Hohentengen im Baugebiet „Eschle“ in Beizkofen den Kindergarten St. Maria mit anfänglich vier Gruppen, der zwischenzeitlich auf sechs Gruppen erweitert worden ist. Des weiteren wurde im Jahre 1992 im Gebäude der Grundschule in Völlkofen der Kindergarten St. Nikolaus mit einer Gruppe eingerichtet.

2013 wurde beim Standort St. Maria ein Neubau für zwei Kindergartengruppen und eine Kinderkrippe für die Betreuung von Kindern unter zwei Jahren errichtet. Mittelfristig sollen hier alle vorschulischen Betreuungsangebote in einer zentralen Einrichtung zusammengeführt werden.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Gemeinde überwiegend landwirtschaftlich strukturiert. Seit dem zweiten Weltkrieg haben sich viele Handwerks- und Dienstleitungsbetriebe entwickelt bzw. neu angesiedelt und auch einige mittlere Industriebetriebe sind entstanden. Mit den Gewerbegebieten ,,Bachäcker“ und ,,Am Flugplatz“ bietet die Gemeinde Hohentengen weiterhin gute Entwicklungsmöglichkeiten.

Daneben bietet eine große Anzahl von Vereinen der Bevölkerung vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und zum kulturellen Leben. Neben der Mehrzweckhalle gibt es in der Göge über mehrere Sport- und Tennisanlagen, eine Reithalle, ein Schützenhaus, das Freizeiterholungsgebiet ,,Enzkofer Berg“. Die Dorfgemeinschaftshäuser in den Ortsteilen und spezielle Vereinsheimen, bieten genügend Raum für den kulturellen und gemeinschaftlichen Austausch.

In nächster Nähe befindet sich der Segel- und Motorflugsportplatz Regio Airport Mengen. Ergänzt wird der Freizeitwert noch durch den günstigen Ausgangspunkt für Reisen in das Donautal, auf die Schwäbische Alb, an den Bodensee, in das Allgäu und die Alpen.

Mit der französischen Gemeinde Charensat in der Auvergne besteht seit 1991 eine Gemeindepartnerschaft. Diese Partnerschaft wurde 1997 auf den Kanton St. Gervais d´Auvergne bzw. auf die Partnergemeinden im „Coer de Combraille“ ausgeweitet.

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